Epochen: Naturalismus (1880 - 1890)

Geschichtlicher Hintergrund: Deutschland entwickelte sich in dieser Zeit zu einem Industriestaat, was für die Bevölkerung drastische Veränderungen zur Folge hatte. Die starken Wanderungsströme der Landbevölkerung in Richtung der grossen Städte führte dazu, dass zum ersten Mal in der Geschichte mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land wohnten. Da jedoch auch in der Wissenschaft und damit logischerweise auch in der Technik grosse Fortschritte erzielt wurden, hatte zur Konsequenz, dass der Mensch immer häufiger durch Maschinen ersetzt wurde. Es gab in den Städten also weniger Arbeitsplätze und mehr Arbeiter, was zwangsläufig zu grossen sozialen Schwierigkeiten führen musste. Es gab zu viele Arbeiter, zu wenig Wohnungen, eine grosse Armut, viele Krankheiten und daher ertränkten viele Menschen ihre Probleme im Alkohol
Aus diesem Elend entstand die Bewegung des Naturalismus in Deutschland - eine Bewegung, die dem französischen Realismus sehr ähnlich war. Die Anhänger dieser Bewegung versuchten durch ihre Werke das Publikum wachzurütteln, damit sie mit den gesellschaftlichen Zielen der Arbeiterschaft sympathisierten. 

Themen der Epoche: Das wichtigste Element des Naturalismus war das Milieu. Man zeigte Figuren, die von ihrer Umwelt geprägt werden, um so den Rezipienten einen Einblick in eine Welt zu liefern, die sie bisher noch nicht kannten. Dafür gingen die Künstler in die Elendsquartiere, Grossfabriken, Mietskasernen und Kneipen, damit sie möglichst detailgetreue und authentisch Beschreibungen verfassen konnten. 
So wurden die Armut, die Ausbeutung, die soziale Not und die gesellschaftlichen Gegensätze zu Hauptthemen der Epoche. Mit diesen Themen kreierten sie eine Bewegung, die eine Tendenz zum Hässlichen aufwies und damit die Zuschauer empörte und schockierte. 
Die Frauenbewegung, die im Vormärz ihren Anfang nahm, entwickelte sich weiter und verschaffte sich während der Epoche des Naturalismus verstärkt Gehör. 

Formale Besonderheiten: Im Naturalismus gab es einige formale Besonderheiten. Äusserst wichtig war der Sekundenstil. Dieser Ausdruck meint, dass es bei der Darstellung eines Menschen in seinem Milieu nichts Nebensächliches oder Unwichtiges gibt und daher alles, was auf diese Person einwirkt, festgehalten werden muss. Dies führte dazu, dass jede noch so kleine Regung, jedes Aufstöhnen und Seufzen vermerkt wurde, mit dem Ziel, jede Sekunde exakt wiederzugeben. Damit man alles so genau wie möglich reproduzieren konnte, wurde oft auch mit Dokumenten und Tatsachenberichten gearbeitet. 
In den Erzählungen war nicht mehr ein Individuum der Held, sondern es war das Kollektiv, das im Zentrum des Geschehens stand. 
Im sprachlichen Bereich gab es vor allem eine äusserst auffällige Neuerung: Der Gebrauch von Umgangssprache, Jargon und Dialekt war noch nie so weit verbreitet gewesen wie im Naturalismus. 

Repräsentative Werke und Autoren: "Der Seelenretter" und "Der Frauen Natur und Recht" von Hedwig Dohm, "Vor Sonnenaufgang", "Bahnwärter Thiel" und "Die Weber" von Gerhart Hauptmann, "Papa Hamlet" von Arno Holz

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