In "Rückkehr ins Leben: Ich war Kindersoldat" erzählt Ishmael Beah aus seinem Leben als Kindersoldat im Bürgerkrieg in Sierra Leone. Eine aufrüttelnde, brutale, aber gleichzeitig auch faszinierende Geschichte, die man gelesen haben muss.
Ishmael besucht mit drei Freunden ein benachbartes Dorf, wo sie einige Kollegen treffen wollen. 16 Meilen entfernt von ihrer Heimat - in einem Ort namens Mattru Jong - erfahren sie, dass in ihrer Abwesenheit ihr Zuhause von Rebellen angegriffen und zerstört wurde. Wer überlebt hat, ist unklar. Nun rechnen auch die Bewohner von Mattru Jong damit, jeden Moment angegriffen zu werden. Nach einer überraschend langen Ruhezeit greifen die Rebellen aus dem Nichts an. Die Verluste sind enorm. Die Bewohner haben viele Tote zu beklagen. Ishmael und seine Freunde können fliehen.
Es beginnt eine nicht enden wollende Odyssee durch Sierra Leone, immer auf der Suche nach Essen und Sicherheit - möglichst weit weg vom Krieg. Das gelingt den Jungs aber nicht allzu lange. Bald schon sehen sie sich gezwungen, sich der Armee anzuschliessen. Nun sind sie Teil des Krieges, Teil genau der Grausamkeiten, vor denen sie zuvor monatelang geflohen waren. Ein Ausweg ist keiner in Sicht.
Ehrlich, authentisch und roh
Ishmael Beah ist mit Bestimmtheit nicht der grösste Literat unserer Zeit. Er ist kein Meister der ausgeklügelten Wortwahl oder der verschachtelten und komplizierten Sätze. Er vermag auch nicht mit überraschenden Figuren und ausgefallenen Montagetechniken zu überzeugen. Nein, die Qualität von Ishmael Beah ist eine ganz andere: seine Direktheit. Er schreibt immer punktgenau, ohne Schnörkel, ohne unnötige Verzierungen. Schonungslos ehrlich, authentisch und roh. Dadurch gewinnt die Erzählung an Intensität und berührt den Leser viel stärker, als wenn noch irgendwelche historischen oder sozio-demografischen Informationen mit eingeflochten worden wären oder irgendwie versucht worden wäre, künstlich Spannung zu erzeugen.
Zur brutalen und an gewissen Stellen auch erschütternden Erzählung passt dieser Schreibstil wie die Faust aufs Auge. Es ist eine Geschichte, die einem die Grausamkeit des Krieges schonungslos vor Augen führt und eine Perspektive (durch Kinderaugen) aufzeigt, die - zumindest ich - zuvor in dieser Form nicht gekannt habe. Wie die Gefühlswelt eines Kindersoldaten aussieht, der - so paradox es klingt - gezwungen ist, zur Armee zu gehen, um den Krieg zu überleben, ist unvorstellbar. Durch die Erzählungen von Ishmael Beah wird das Unvorstellbare greifbarer - auch wenn es nach wie vor unverständlich bleibt.
Ein absolut empfehlenswertes Buch, das jedoch inhaltlich keine leichte zu verdauende Kost ist. Mein Tipp: Unbedingt auf Englisch lesen! (fba)
Bibliografische Angaben:
Titel: Rückkehr ins Leben
Autor: Ishmael Beah
Seiten: 276
Erschienen: 2007
Verlag: Piper
ISBN-10: 3492252303
ISBN-13: 978-3492252300
Bewertung:
Labels: Drogen, Gewalt, Ishmael Beah, Kindersoldat, Krieg, Rezension, Rückkehr ins Leben: Ich war Kindersoldat, Sierra Leone, Tod