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Honor Tait steht kurz vor ihrem 80. Geburstag. Die Doyenne des Britischen Journalismus, die sich mit ihren preisgekrönten Reportagen über die grossen politischen Ereignisse des 20. Jahrhunderts einen Namen gemacht hatte, kämpft mit finanziellen Problemen. Abhilfe soll die Veröffentlichung ihres Werks "Depeschen" schaffen, doch dafür muss sie zu PR-Zwecken ein Interview mit der angesehenen Zeitung "Monitor" führen. Dies tut sie jedoch nur sehr widerwillig, denn sie hält nicht viel von den heutigen Journalisten und schon gar nicht von der aktuellen Presselandschaft.
Tamara Sim wittert ihre grosse Chance, als sie völlig überraschend den Auftrag erhält, ein Portrait über Honor Tait zu schreiben. Bisher hatte sie sich als freie Journalistin durchgeschlagen und sich vor allem in der Klatschpresse einen Namen gemacht. Durch dieses 4000-Wörter-Portrait über Honor Tait erhofft sie sich einen Karrieresprung. Doch das Gespräch zwischen den beiden so unterschiedlichen Frauen endet in einem Fiasko. Tait, will partout nicht über ihr extravagantes Privatleben sprechen (sie hatte enge Kontakte zu Picasso, General Franco, Frank Sinatra und vielen mehr), sondern nur über ihre Arbeit. Das findet Sim wiederum äusserst langweilig, weil es schon längst der Vergangenheit angehört und daher in der heutigen Zeit niemanden mehr interessiert.
Frustriert bricht sie das Interview ab und versucht, sich die 4000 Wörter aus den Fingern zu saugen. Sie kommt jedoch nicht vom Fleck. Die Zeit wird knapp, denn sie muss noch andere Aufträge erledigen, aber sie weiss auch, dass sie mehr Engagement zeigen muss, um aus der Honor Tait-Story etwas zu machen. Motiviert von ihrem Vorgesetzten beginnt sie nach weiteren Informationen zu suchen. Sie besucht Eröffnungen, Vernissagen und Podiumsgespräche, an denen Tait auftritt. Doch die Ergebnisse bleiben bescheiden. Nach wie vor hat Sim nichts in der Hand, das eine gute Story ergeben würde. Einzig ein junger, gut aussehender Mann findet sich zufälligerweise immer an denselben Veranstaltungen ein wie Tait. Sim kann sich jedoch noch keinen Reim darauf machen, glaubt aber, dass er allenfalls eine wichtige Rolle spielen könnte.
Da ihr nichts anderes übrig bleibt, beginnt Sim, die Wohnung von Tait zu beobachten. Lange geschieht nichts, doch dann verlässt die alte Frau ihre Wohnung. Sim folgt ihr und entdeckt, dass sie zu einem Arzt geht, der Schönheitsoperationen anbietet. Einige Stunden später kommt sie wieder aus dem Haus und trifft sich in einem Restaurant mit dem jungen Mann, der Sim früher schon aufgefallen war. Die beiden gehen vertraut miteinander um und Sim beobachtet, wie Tait ihm einen Umschlag mit Geld zusteckt. Sim ist sich nun sicher, dass sie an einer grossen Sache dran ist und will unbedingt mit dem jungen Mann sprechen, sie verliert ihn jedoch aus den Augen.
Doch der Zufall will es, dass sie ihn wieder trifft und zwar an einem Ort, an dem sie es nicht für möglich gehalten hätte. Ihr drogensüchtiger Bruder Ross hat Geldprobleme und Sim besucht ihn, um das Geld persönlich zu überbringen. Ross ist gerade in seiner Wohnung, wo er sich mit mehreren Freunden zudröhnt. Einer von ihnen ist der unbekannte, junge Mann. Sim wittert ihre Chance und kommt mit ihm ins Gespräch. Sie fühlt sich von ihm angezogen, die beiden flirten und tauschen die Nummern aus. Kurz darauf treffen sie sich wieder. Sie schlafen zusammen und am nächsten Morgen versucht Sim, die mittlerweile davon überzeugt ist, dass Dev, so der Name des jungen Mannes, der bezahlte Liebhaber von Tait ist, ihm auf den Zahn zu fühlen. Bald bestätigt er ihr, was sie vermutet hat und ist bereit gegen eine entsprechende Summe ein Interview zu geben.
50 000 Franken erhält er und Sim hat die Zusicherung bekommen, einen grossen Artikel in der Boulevardzeitung Sphere veröffentlichen zu können. Ein ganzes Wochenende lang bleiben Sim und Dev im Hotelzimmer und er erzählt ihr seine Geschichte: Honor Tait hat ihn bereits als kleinen Jungen missbraucht, gemeinsam mit ihrem dritten Mann Chad, der eine Vorliebe für Travestie hatte. Er sei nicht mehr von ihr losgekommen und sie hätte sein Leben zerstört.
Die Redaktion des Sphere ist begeistert und will Tait vor der Veröffentlichung mit den Vorwürfen konfrontieren. Diese gibt einige Auskünfte, die vom Sphere völlig aus dem Zusammenhang gerissen werden und so ein verzerrtes Bild abgeben. Kurz darauf erscheint der Artikel, der weltweit grosse Wellen schlägt. Doch Tamara ist enttäuscht, denn man hat sie übergangen. Sie hat zwar das Honorar für die Geschichte erhalten, doch sie ist im Namen des Chefredakteurs des Sphere erschienen. Bald schon stellt sich aber heraus, dass es ein Glücksfall war, dass sie nicht als Autorin des Textes genannt wurde. Sie darf als einzige Journalistin erneut mit Tait sprechen und diese erzählt ihr eine ganz andere Variante der Geschichte: Dev, der eigentlich Daniel heisst, ist ihr Adoptivsohn. Dieser ist bald schon auf die schiefe Bahn geraten und hat von seinen Eltern nur das Geld gewollt. Er reiste durch die Welt, war Mitglied in verschiedenen Sekten und landete im Drogensumpf. Er kam jedes Mal zurück, wenn er Geld brauchte und da Tait sich als Mutter verantwortliche fühlte, liess sie sich jedes Mal erweichen.
Diese Story veröffentlicht Sim bei einer seriösen Zeitung, stellt damit den Ruf von Tait wieder her und bekommt eine Festanstellung. Doch noch bevor der Artikel erscheint, hat sich Honor Tait das Leben genommen und Sim rückt die Grand Dame des Britischen Journalismus in ihrem Nachruf wieder ins richtige Licht. Die beiden Redakteure, die den ersten, falschen Artikel von Sim geklaut hatten, wurden wegen der Schmach gefeuert.
Charakteranalyse
Honor Tait: Stammt aus einer gut betuchten Familie und ist in Schottland aufgewachsen. Sie absolvierte eine Klosterschule in Belgien, ehe sie im Journalismus Fuss fasste. Aufgrund ihres attraktiven Äusseren hatte sie keinerlei Probleme, sich in der von Männern dominierten Szene zu behaupten. Sie hatte ein Faible für Künstler und andere Stars und zeigte sich gerne mit ihnen in der Öffentlichkeit. Für ihre politische Reportagen wurde sie mehrfach ausgezeichnet, darunter auch mit dem Pulitzerpreis. Sie war drei Mal verheiratet und adoptierte mit ihrem dritten Ehemann einen Jungen namens Daniel. Sie sagt jedoch selbst, dass sie sicherlich nicht die beste Mutter für ihn war.
Weil sie ihrem Sohn immer wieder Geld gab, geriet sie selbst in finanzielle Engpässe und versuchte mit der Veröffentlichung des Werks "Depeschen", ein Sammelband ihrer Reportagen, wieder etwas Geld zu verdienen. Dass sie dafür ein Interview mit der ihr mittlerweile suspekten Tagespresse machen muss, missfällt ihr sehr. Sie hält nichts von den heutigen Journalisten, die sich keine Zeit mehr nehmen, nur noch auf Sensationgeschichten aus sind und keinen Respekt vor der Privatsphäre haben.
Tamara Sim: Hat ein abgeschlossenes Journalismusstudium vorzuweisen und hat danach für die verschiedensten Zeitschriften, Magazine und Tageszeitungen gearbeitet. Sie ist sehr vielseitig und hat sich vor allem in der Klatschpresse einen Namen gemacht. Sie wartet jedoch nach wie vor auf eine Festanstellung. Ihre Mutter ist früh gestorben und ihr Bruder Ross ist drogensüchtig. Sie muss ihm immer wieder finanziell unter die Arme greifen, obwohl sie selbst kaum durch kommt mit ihren bescheidenen Einkünften als freie Journalistin.
Die Geschichte über Honor Tait ist ihre grösste bisher und sie erhofft sich dadurch einen Karrieresprung. Dafür legt sie eine grosse Hartnäckigkeit an den Tag und verfolgt ihr Ziel mit viel Engagement und Aufwand. Dieser wird schlussendlich belohnt.
(fba)