„Das Hibernat“ von Rolf Schönlau ist ein gut 150-seitiges e-Book, das sich mit einer Zukunftsvision der Welt befasst, die nach dem
automobilen Zeitalter spielt und sich daher neuer Energiequellen bedienen muss
– beispielsweise dem Winterschlaf.
Simon Reese
ist ein pensionierter Kulturdezernent und lebt nach dem Tod seiner Frau vor
sieben Jahren allein. Jan, sein Sohn, wohnt mit seiner Frau und seiner Tochter
in Asien. Reese entscheidet sich, ins Hibernat zu gehen und sich dort während
vier Monaten in einen künstlichen Winterschlaf versetzen zu lassen. Damit
produziert er Energie für die Gesellschaft und erhält im Gegenzug einerseits
Moblitätskilometer, die er einsetzen kann, um mit der Bahn oder dem Flugzeug zu
reisen, und andererseits wird er rundum erneuert. Im Werk werden die letzten
100 Tage bevor Reese ins Hibernat geht, in Tagebuchform festgehalten.
Stück für Stück eine Welt aufgebaut
Die
Erzählung von Rolf Schönlau erschien 2011 als Blog in der Süddeutschen Zeitung
und nun in kompakter Version als e-Book. Wie für Blogeinträge üblich, sind die
einzelnen Episoden kurz gehalten. Daher sind auch die meisten Tagebucheinträge
nur rund eine oder einenhalb Seiten lang. Dennoch schafft es Schönlau in den
100 Episoden eine relativ umfassende Zukunftsvision zu kreieren, die nach dem
automobilen Zeitalter spielt. Es gibt eine eigene Zeitrechnung, für alle
Bewohner ein gewisses Mobilitätskontingent, mit dem sie reisen können, es gibt
Autosimulatoren, damit die Bewohner den Spass am Autofahrer nicht verlieren und
viele andere Dinge wie Gehirnwellentraining oder Floaten. Diese zukünftige Welt
wird von Schönlau Schritt für Schritt aufgebaut und man kann als Leser beinahe
aus jedem Tagebucheintrag ein kleines Detail mitnehmen, um es am Ende zur in
der Erzählung vorhandenen Realität zusammenzusetzen. Dadurch wird das Lesen
interessant gemacht.
Sozialkritische Elemente
Die Idee
des Hibernats, in dem man sich freiwillig in einen Winterschlaf versetzten
lassen kann, um Energie für die Gesellschaft zu produzieren, ist nicht wirklich
neu, sind doch gewisse Ähnlichkeiten mit dem Film „Matrix“ nicht von der Hand
zu weisen. Dennoch finde ich das Szenario der Geschichte gelungen und was mir
besonders gefallen hat, sind die sozialkritischen Elemente, die Schönlau in
seine Erzählung einfliessen lässt. So gibt es beispielsweise am 89 Tag vor der
Einlieferung ins Hibernat einen Tagebucheintrag, in dem Reese einen Brief an
seine Enkelin schreibt, in dem er erzählt, wie es soweit gekommen ist, dass es
überhaupt so etwas wie ein Hibernat gibt. Reese spielt darin auf den
verschwenderischen Umgang der Menschen mit den natürlichen Ressourcen in der
heutigen Zeit an. Ein zweiter Aspekt, den ich bei der Sozialkritik einordnen
würde, auch wenn er bezüglich der Tragweite nicht ganz gleichzusetzen ist mit
der Verschwendung der Naturressourcen, ist die Tatsache, dass Reese nachdem er
sich fürs Hibernat angemeldet hat, von Angeboten und Werbung überflutet wird.
Dies weil das Hibernat seine Adresse verkauft hat. Reese fragt sich in diesem
Moment, ob das Hibernat wohl daran mitverdient.
Was
grundsätzlich anzumerken bleibt, ist, dass Schönlau in seinem kurzen, aber unterhaltsamen
Zukunftsszenario mit seinem Schreibstil zu überzeugen vermag. Es passiert
eigentlich nicht sehr viel, dennoch ist es spannend zu sehen, wie er mit den
verschiedenen Textformen und inhaltlichen Aspekten spielt. Er spricht wichtige
gesellschaftliche Probleme an und thematisiert diese mal in Briefform, mal in
direkter Interaktion oder auch mit Hilfe von Musikstücken und Filmzitaten. Dies
macht das Lesen des Werks kurzweilig und interessant. (fba)
Bibliografische Angaben:
Titel: Das Hibernat
Autor: Rolf Schönlau
Seiten: 158
Erschienen: 2012
AISN: B008382VW6
Bewertung: 
Labels: Das Hibernat, Energie, Hibernator, Mobilität, Rezension, Rolf Schönlau, Sozialkritik, Tagebuch, Winterschlaf, Zukunft