Rezension: Tschick von Wolfgang Herrndorf


"Tschick" so der etwas ungewöhnliche Titel des von der Mehrheit der Rezensenten hochgelobten Romans von Wolfgang Herrendorf. Die Geschichte der beiden jungen Aussenseitern Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow liest sich leicht und vermag zu unterhalten, mehr jedoch nicht. 

Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow haben praktisch nichts gemeinsam. Maik stammt aus einer wohlhabenden Deutschen Familie; der Vater ist erfolgreicher Immobilienmakler, die Mutter verbringt viel Zeit beim Tennisspielen und die Klingenbergs leben in einem Haus mit Pool. Andrej "Tschick" Tschichatschow hingegen ist mit seinem älteren Bruder von Russland nach Deutschland gezogen und hat grosse Mühe, sich anzupassen. Er ist durchaus intelligent, trinkt jedoch für seine 14 Jahre bereits viel zu viel Alkohol und ist mehrfach vorbestraft. Die beiden Jungs haben jedoch eines gemeinsam: Sie sind die Aussenseiter in ihrer Klasse und werden als langweilig abgestempelt.
Der Zufall will es, dass Tschick in den Sommerferien mit einem geklauten Lada bei Maik zu Hause vorbeifährt. An diesem Tag findet bei Tatjana - Maiks heimlicher Liebe - ein grosses Fest statt, zu dem jedoch beide nicht eingeladen sind. Tschick kann Maik jedoch davon überzeugen, gemeinsam im Lada zu Tatjana zu fahren. Die beiden bleiben jedoch nicht lange, sondern brechen zu einer abenteuerlichen Reise quer durch Deutschland auf.

Handlung zu konstruiert
Wolfgang Herrndorf schafft es in seiner Erzählung die Sprache und Gefühlswert der beiden 14-jährigen Jungs bis auf wenige Passagen authentisch zu erzählen. Die Erzählung beginnt mit dem Ende und rollt danach chronologisch die Geschehnisse auf. Gerade der Anfang ist es, den ich sehr gelungen finde und der dazu führt, dass man stets weiter lesen will. Neben den Charakteren und der Sprache vermag Herrndorfs Erzählung auch mit der Ironie und der Komik zu überzeugen. Man muss beim Lesen immer wieder schmunzeln, so beispielsweise bei der Szene, als die beiden Jungs versuchen, mit dem Lada ihre Namen in ein Feld zu fahren oder als sie probieren herauszufinden, wie Tschick am ältesten aussieht, damit es nicht auffällt, dass ein 14-Jähriger am Steuer sitzt - ihre Lösung: Sie kleben ihm schwarzes Klebeband über die Lippe, um einen Schnauz zu imitieren.
Obwohl bisher alles sehr positiv klang, hat die Geschichte von Herrndorf für mich einen grossen Negativpunkt: die Handlung. Diese wirkt für mich schlicht zu konstruiert und unrealistisch. Bereits die Tatsache, dass zwei 14-Jährige mit einem Lada quer durch Deutschland fahren ist reichlich speziell, doch dass dann auch noch ein Kriegsveteran auf die beiden schiesst, dass sie einen Unfall bauen, das Auto sich mehrmals überschlägt, sie sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei liefern und am Ende im Spital landen, ist doch etwas übertrieben und dadurch verliert das Werk an Authentizität.

Nicht alle sind schlecht
Das ist schade, denn Herrndorf vermag nicht nur mit seinen Charakteren, der Leichtigkeit seiner Sprache und der Ironie zu überzeugen, sondern auch mit der inhaltlichen Message. Er zeigt sehr schön auf, wie verwirrend, komisch und zugleich auch unbeschwert und lustig das Erwachsenwerden sein kann. Am Ende der Geschichte reflektiert Maik über das Geschehene und stellt fest, dass die Welt gar nicht so schlecht ist, wie alle sagen und wie es in der Schule und im TV vermittelt wird. Maik und Tschick haben auf ihrer Reise viel Bekanntschaften mit Menschen gemacht, die ihnen einfach so und ohne Gegenleistung geholfen haben. Beispielsweise die Familie von Friedemann oder die Frau, die Tschick nach dem Unfall ins Spital gebracht hatte.

Obwohl viel Positives über "Tschick" geschrieben wurde und das Buch wirklich leicht und unterhaltsam zu lesen ist, kann ich nicht mehr als drei Punkte vergeben. Dafür ist der Plot zu schwach. (fba)


Bibliografische Angaben:

Titel: Tschick
Autor: Wolfgang Herrndorf
Seiten: 256
Erschienen: 2011
Verlag: rororo
ISBN-10: 3499256355
ISBN-13: 978-3499256356
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