Inhaltsangabe: Der Vorleser von Bernhard Schlink

Inhalt
1. Teil: Michael Berg, ein 15-jähriger Schüler, muss sich auf seinem Weg nach Hause übergeben. Eine ihm unbekannte Frau, Hanna Schmitz, hilft ihm und bringt ihn danach nach Hause. Der Arzt diagnostiziert bei Michael die Gelbsucht und daher muss dieser ein halbes Jahr das Bett hüten. Nach überwundener Krankheit will Michael sich bei seiner Helferin mit einem Blumenstrauss bedanken. Diese nimmt ihn mit in ihre Wohnung, wo sie kurz miteinander sprechen. Hanna zieht sich in Anwesenheit von Michael um, da sie zur Arbeit muss. Dieser beobachtet sie dabei und ist fasziniert und gleichzeitig auch erregt von dem Anblick. Als Hanna ihn beim Spionieren erwischt, rennt er davon. 
In der Folge kann Michael Hanna jedoch nicht vergessen und er fragt sich, was ihm an dieser 36-jährigen Schaffnerin denn so gut gefällt. Eine Woche später besucht er sie wieder, unter dem Vorwand, er könne seine sexuellen Vorstellungen nur dann unter Kontrolle bekommen, wenn sie ihn abweisen würde. Hanna bittet ihn jedoch kurzer Hand, Kohle aus dem Keller zu holen, wobei sich Michael so ungeschickt anstellt, dass er von Kopf bis Fuss schwarz ist. Hanna lässt ihm ein Bad einlaufen. Als er aus der Wanne steigt, ist Hanna ebenfalls nackt und die beiden schlafen miteinander. 
Von diesem Tag an treffen sich die beiden jeden Tag. Hanna führt Michael in die Kunst der Liebe ein und als Gegenleistung liest Michael ihr aus seinen Büchern vor. Durch dieses Ritual lernen sich die beiden immer besser kennen, auch wenn Hanna nur sehr ungern über ihre Vergangenheit spricht. Für Michael ist es die schönste Zeit seines Lebens.
Doch mit der Zeit kommt es auch zu Streitereien zwischen den beiden. Einmal will Michael Hanna bei der Arbeit besuchen, doch sie steigt nicht zu ihm in den zweiten Wagen, sondern unterhält sich stattdessen mit dem Fahrer. Darüber ist Michael sehr enttäuscht und wütend. Auf einer gemeinsamen Radtour kommt es erneut zu einem Streit, weil Hanna geglaubt hat, Michael hätte sie verlassen, obwohl er ihr einen Zettel geschrieben hat, dass er das Frühstück holen geht. Bei jedem Streit nimmt Michael die gesamte Schuld auf sich, damit sich Hanna wieder beruhigt. 
Mit der Zeit beginnt sich Michael aber vermehrt für seine Kollegen zu interessieren und verbringt mehr Zeit mit ihnen. Dies führt dazu, dass er Hanna mehr und mehr vernachlässigt und im Schwimmbad vor seinen Kollegen sogar vorgibt, sie nicht zu kennen. Michael ist unzufrieden mit der Situation und die Streitereien mit Hanna nehmen zu, bis sie eines Tages einfach verschwunden ist. Sie hat die Wohnung und die Anstellung gekündigt und sich kommentarlos in Hamburg eintragen lassen. 

2.Teil: Michael versucht, Hanna zu vergessen. Dies gelingt ihm mit der Zeit, doch verarbeiten kann er das Ganze nicht. Er spielt vor seinen Kollegen den harten Kerl, nur damit er nicht noch einmal verletzt wird.
Während eines Seminars der Rechtswissenschaften, dass sich mit der Aufarbeitung er Vergangenheit befasst, besucht er eine Gerichtsverhandlung, bei der eine Gruppe von KZ-Schergen angeklagt wird. Zu Michaels Überraschung ist Hanna unter den Angeklagten. Hanna wird vorgeworfen, zusammen mit anderen Frauen Gefangene bei einem Todesmarsch in  einer brennenden Kirche eingeschlossen zu haben. Da Hanna die einzige Angeklagte ist, die zugibt, an diesem Marsch teilgenommen zu haben, schieben alle anderen Angeklagten die Schuld auf sie. Um zu überprüfen, ob Hanna tatsächlich die Hauptschuldige ist, will man eine Schriftprobe von ihr nehmen, um zu sehen, ob sie den Schlussbericht des Marsches verfasst hat. Hanna nimmt jedoch die gesamte Schuld auf sich, anstatt eine Schriftprobe abzugeben.

Michael, der will, dass Hanna verurteilt wird, damit sie aus seinem Leben verschwindet, beginnt nun über die gesamte Situation nachzudenken. Er erkennt, dass Hanna Analphabetin sein muss und deshalb die gesamte Schuld auf sich nimmt. Soll er dem Gericht davon erzählen? Er entscheidet sich dagegen, da er Hanna nicht blossstellen will, nur damit sie weniger lang ins Gefängnis muss. 
In Michaels Phantasie beginnt sich nun die beiden verschiedenen Hannas, die KZ-Schergin und seine Geliebte, miteinander zu vermischen. Dies verwirrt ihn und er will sich Klarheit verschaffen. Aus diesem Grund besucht er das KZ Struthof, um sich ein Bild von der damaligen Situation zu machen. Doch es hilft nichts, er kann mit der Vergangenheit noch immer nicht abschliessen. Hanna wird derweil zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. 

3. Teil: Nach dem Prozess bricht Michaels Verdrängung der Gedanken an Hanna zusammen. Alle Gedanken und Fragen sind alle wieder da. Dennoch heiratet er Gertrud und hat mit ihr eine Tochter, Julia. Doch als Julia fünf Jahre alt ist, lassen sich Michael und Gertrud scheiden, da Michael es für falsch hält, dass er Gertrud nichts von Hanna erzählt hat. Auch die folgenden Beziehungen von Michael, der nun als Rechtshistoriker arbeitet, scheitern, da er alle seine Partnerinnen mit Hanna vergleicht. Durch dieses Vergleichen schlittert er er auch wieder in das Ritual des Vorlesens hinein. Von jedem Buch das er liest, macht er Tonbandaufnahmen und schickt sie Hanna ins Gefängnis. 
Von Hanna bekommt er eine Antwort, denn sie hat in der Zwischenzeit schreiben gelernt. Michael ist stolz auf sie und sammelt all ihre Briefe. Eines Tages erhält er einen Brief der Gefängnisleiterin, in dem diese ihm mitteilt, dass Hanna entlassen wird. Michael besorgt Hanna einen Job und eine Wohnung, aber den Besuch bei ihr schiebt er weiter vor sich her. Als er sie dann doch besucht, sieht er eine alte Frau vor sich. Hanna freut sich ihn zu sehen, doch Michael erkennt, dass er sich nicht vorstellen kann, Hanna regelmässig zu sehen. Sie hat keinen Platz mehr in seinem Leben. 
Am Tag ihrer Entlassung erhängt sich Hanna in ihrer Zelle. Von der Wärterin erfährt Michael, dass Hanna mit seinen Kassetten Lesen und Schreiben lernte und sich danach intensiv mit der KZ-Literatur befasste. Hanna hatte ein kurzes Testament hinterlassen, in dem sie 7000 Mark an eine der zwei einzigen Überlebenden des Kirchenbrandes vermachte. 
Michael reist nach New York, um die 7000 Mark zu übergeben. Doch die Frau will das Geld nicht und zusammen mit Michael entscheiden sie sich dann, das Geld an eine jüdische Institution für Analphabeten zu überweisen. 

Charakteranalyse:
Michael Berg: Michael geniesst eine strenge, religiöse Erziehung und ihm werden durch seine Eltern hohe moralische Werte vermittelt. Er ist ein unauffälliger Junge, der aber durch die Beziehung zu Hanna seinen Altersgenossen etwas voraus hat. Diese Überlegenheit und Souveränität lebt er gegenüber diesen auch aus. In der Beziehung mit Hanna hingegen, ist er immer derjenige, der sich unterordnet und die ganze Schuld auf sich nimmt, nur um die Beziehung zu retten.
Nach der Trennung von Hanna, schafft es Michael nie mehr, eine funktionierende Beziehung zu führen. Er vergleicht immer alle seine Frauen mit Hanna, doch keine kann ihr das Wasser reichen. Zusätzlich macht er sich für die Trennung verantwortlich und fühlt sich daher schuldig. Als er Hanna beim Prozess wieder sieht, brechen die alten Schuldgefühle und Selbstvorwürfe wieder hervor. Auch in der Folge ist Michael immer sehr distanziert gegenüber seinen Mitmenschen, aus Angst erneut verletzt zu werden. Daran scheitert auch seine Ehe mit Gertrud. 
Durch das Vorlesen und Aufnehmen auf Kassette, schafft es Michael langsam, sich von Hanna zu lösen. Am Ende kann er sich unter keinen Umständen eine erneute Beziehung mit ihr vorstellen, auch wenn er noch immer nicht will, dass sie entlassen wird. Er hat es am Ende also geschafft, die Vergangenheit zu verarbeiten, auch er dafür nahezu sein gesamtes Leben bauchte. 

Hanna Schmitz: Hanna ist eine gute Arbeiterin und wird daher in jedem ihrer Berufe befördert. Doch jedes mal flüchtet sie vor der Beförderung, da sie sich für ihren Analphabetismus schämt. Über die Motive, weshalb sie Michael auswählt und weshalb sie mit ihm zusammen ist, weiss man nichts, denn alles was man über sie erfährt, erfährt man durch Michael. 
Hanna ist eine durchschnittlich intelligente Frau, die aber neben dem Analphabetismus noch einig weitere kulturelle Defizite aufweist. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie nicht weiss, wie man sich in einem Gerichtssaal zu benehmen hat. 
Im Gefängnis verändert sich Hannas Persönlichkeit aber stark. Sie beginnt zu lesen und zu schreiben und befasst sich auch mit dem Nationalsozialismus, in dem sie viel darüber liest. Dies ist ein Indiz dafür, dass sie aus ihrer durch den Analphabetismus verschuldeten Unmündigkeit ausbricht. 
Warum sich Hanna am Ende des Werks das Leben nimmt, ist unklar. Vielleicht kann sie durch die Literatur ihre Taten besser einordnen und entwickelt deswegen starke Schuldgefühle. Vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass sie nach ihrer lebenslangen Haftstrafe wieder in die Freiheit entlassen werden soll und sie Angst davor hat, nicht mehr zu Recht zu kommen. 
(fba)

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